Von Zagora in die Westsahara

Tadaaaa, Ramadan hin oder her. Bei der Ankunft in der Garage am nächsten Morgen hiess es, das Diff sei gestern Abend noch gekommen und bereits eingebaut. Gleich Probefahrt gemacht und uff, es tönt alles so wie es halt bei nem alten Auto tönen soll. Einiges Geld hat den Besitzer gewechselt *ürks*. Und das defekte Diff wurde irgendwo im Auto verstaut. Denn das müssen wir mitnehmen, damit zu hause dann die Sperre wieder eingebaut werden kann. Blöd, denn wir hätten uns ein paar hundert Euro noch gespart, wenn wir das alte Diff dort gelassen hätten. Jetzt fahren wir also ein kaputtes Diff durch die Gegend mit der vor zwei Jahren für viel Geld eingebauten Sperre. Schon ein bisschen sehr ärgerlich, wenn ich das mal so sagen darf. Aber nun gut. Bei unseren ganzen Reisen sind wir bis jetzt abgesehen von der einen oder anderen Reifenpanne ohne Pannen durchgekommen. Irgendwann erwischt es also halt wohl jeden mal. Selbst mit Toyota ;-). Meine Hochachtung gilt ab heute aber allen Overlandern, die sich dauernd mit irgendwelchen Pannen rumschlagen müssen. Ich hoffe sehr, dass es bei uns für lange Zeit dabei bleiben wird. Bis auf Reifenpannen natürlich. Wieso ich das erwähne?

Nach einem schnellen *räusper* Mittagessen in Zagora haben wir die Stadt endlich in Richtung Erg Chegaga verlassen. Das ist Marokkos zweites Wüstengebiet. Zwar einiges grösser wie das Erg Chebbi, aber mit eher kleinen Sanddünen. Auf dem Weg haben wir bei einer Oase halt gemacht. Und was ist? Das bereits reparierte Rad ist wieder platt. Echt jetzt? Also wieder Reserverad montiert und weitergefahren. Leider war immer noch sehr viel Wind und dementsprechend auch viel Sand in der Luft. Unser Nachtlager haben wir am Rande der Wüste im Schutz einer Sanddüne aufgeschlagen und glücklicherweise liess der Wind doch noch etwas nach. Mit dem Wüstensonnenuntergang wurde es zwar nichts, aber zumindest die Hundedame hat sich unglaublich über unseren Campplatz gefreut. Für sie gibt es wohl kaum etwas Schöneres, wie im Sand rumzufräsen.

Am nächsten Morgen wurde ich mir dann kurz mal vor Augen geführt, dass die Wüste eben doch nicht nur ein grosser toller Spielplatz ist. Unsere Reserveradtasche lag über Nacht ausnahmsweise mal am Boden. Ich denk mir nix dabei, heb sie hoch und öffne sie um den Müll zu versorgen. Da läuft mir doch promt ein Skorpion entgegen. Kreisch. Guten Morgen, jetzt bin ich endgültig wach. Wie blöd kann man denn sein? Ist ja nicht so dass ich nicht genau wüsste, dass die Krabbeldinger überall sind und sich gerne in irgendwas das am Boden liegt verstecken. Jeden Stein, den ich aufhebe (und wer mich kennt weiss, das sind so einige…) verpasse ich zuerst vorsichtshalber einen Tritt aber hier? Nö. Pfffffffffffft. Na ja nix passiert. Blöderweise hat sich Herr oder Frau Skorpion, dann grad noch so schnell versteckt, dass ich es nicht mehr gefunden hatte und nicht mal ein Foto machen konnte. Nicht nett…

Weiter ging unsere Route ein Stück entlang der ehemaligen Strecke der berühmten Paris-Dakar Ralley. Mit dem Tempo konnten wir wohl nicht so ganz mithalten. Vermutlich :-). Auf dem Weg lagen wieder einige Militär-Kontrollposten, da die Grenze zu Algerien nicht weit weg ist. Das Prozedere ist immer das Gleiche. Unsere Pässe werden eingezogen und entweder mit dem Smartphone fotografiert oder abgeschrieben. Es wird gefragt, von wo wir kommen und wohin wir gehen (von Vorteil wenn man sich die Ortschaften merken kann… ;-)). Dann wird an die nächste Station gefunkt, dass da drei Touris unterwegs sind. Keine Ahnung was passieren würden, wenn wir da nicht auftauchen würden. Wir lassen es mal nicht darauf ankommen. Leider war immer noch sehr viel Sand in der Luft und die Fernsicht war gleich null. Schade, auch wenn es dafür zeitweise zu einer absolut mystischen Stimmung geführt hat.

Unser Ziel für heute hiess Tata. Dort galt es erst mal ein bisschen was einkaufen und ach ja da war doch noch was, einen Reifenflicker finden. Reparatur Nummer zwei, hoffen wir mal das hält etwas länger. Übernachtet wurde auf einem recht ordentlichen und gut besetzten Campingplatz mitten in der Stadt. Neben einer Moschee, was am Freitag während Ramadan sicherlich eine seeeeehr kurze Nacht bedeutet. Warum? Das letzte Gebet ist irgendwie um 22 Uhr fertig. Und morgens um vier geht es los. Nein nicht einfach nur mit Beten. Da heult eine Sirene wie wenn ein Luftangriff bevorstehen würde. Das erste Mal sind wir echt alle gestanden im Zelt (also zumindest wären wir es, wenn sich das mit der Dachhöhe ausgehen würde…) und haben gedacht wir haben doch wie geplant den Tripp in den Iran unternommen. Aber nein. Nachdem die Sirene aufgehört hat ruft der Muezin. Und wenn der verstummt, dann fangen die Hunde an zu bellen. Und spätestens dann bin ich wach. Hellwach. Tja so haben wir schnell gelernt, dass ein typischer Campingplatz in Marokko drei Merkmale aufweist. Eine Moschee in Hördistanz, einen schreienden Esel und bellende Hunde.

Weiter ging es in Richtung Assa. Man denkt ja Wüste ist Wüste aber nein, fast hinter jeder Ecke sieht die Landschaft wieder anders aus. Heute hat sogar eine Flussdurchquerung auf uns gewartet.

Mitten im Bachbett wollten wir eine kurze Pause machen. Und was hör ich da am nassen Reifen? Blubberblubberblubber. Na toll, der Flick hält offenbar nicht. Ist eine wirklich sch… Stelle und der Schnitt schon ziemlich gross. Wiedermal Ersatzreifen montiert. Wir machen bald der F1 Konkurrenz. Unser Nachtquartiert war ein wirklich hübscher Campingplatz. Und zum Abendessen gab es ein super leckeres 3-Gang-Menue mit Suppe, Fleischspiessen und dem ultimativen Schokomousse. Mmmmmmmhhhhh.

Nun ging es aber definitiv in die Wildnis. Vier Nächte Wildcamping standen auf dem Programm. Also alle Vorräte nochmals aufgefüllt, den Reifen zum dritten Mal geflickt. Heisst ja hoffentlich nicht umsonst aller guter Dinge sind drei. Der Typ hat einen ziemlich seriösen Eindruck gemacht und der Flick sah auch zuverlässiger aus. Schaun wer mal.

Die Strecke die Mark uns gezeigt hat, führte durch ein einsames Tal und war suuuuuper schön. Ausser ein paar Dromedare haben wir den ganzen Tag niemanden gesehen. Unser Camp haben wir am Rande eines ausgetrockneten Flusses inmitten von Babydünen aufgestellt. Wie bestellt, hat zum Glück auch der Wind endlich mal ein bisschen abgestellt, sodass wir einen gemütlichen Abend verbringen konnten.

Die nächsten Tage haben wir uns der Grenze von Marokko und der Westsahara entlang bewegt. Also Grenze ist ja ein bisschen falsch gesagt. Für das offizielle Marokko ist die Westsahara ein Teil Marokkos und wird marokanische Sahara genannt. Wenn man gewissen Quellen glauben soll, ist es nicht einmal erlaubt, Karten oder Aufkleber einzuführen, auf denen diese Grenze eingezeichnet ist. Es gibt auch keine Grenzposten oder sowas. Nur relativ viel Militärpräsenz. Und etwas kurrlige Bauwerke mitten in der Wüste teilweise. Oder Munitionzeugs, das da so rumliegt…

Auch UN-Fahrzeuge haben wir angetroffen. Zuerst haben wir uns zwar etwas gewundert, warum der neben uns gefahren ist und die Scheibe runtergelassen hat. Aber er hat dann nur ein «Servus wie geht’s. Wohin seit’s ihr denn unterwegs?» gerufen :-).

Das Gebiet der Westsahara besteht fast ausschliesslich aus Wüste und ist nur sehr dünn besiedelt. Die Strecke führte über meistens kaum sichtbare Pisten, teils auch einfach so querfeldein. Gesehen haben wir abgesehen von gelegentlichen Militärfahrzeugen keine Menschenseele. Auch wenn die Landschaft nicht mehr soooo abwechslungsreich war, trotzdem ein unglaubliches Erlebnis. Und das eine oder andere Highlight gab es doch auch. Wie den Wasserfall mitten in der Wüste. Zuerst fährt man stundenlang durch die Einöde und plötzlich steht man am Rand eines unglaublichen Canyons. Ein genialer Campspot. Der einzige Wehrmutstropfen war, dass der Wind uns immer noch begleitet hat. Und denn noch wie. Sogar Panja war wörtlich so durch den Wind, dass wir sie ins Dachzelt holen mussten, damit wir alle ein bisschen Ruhe gefunden haben…

Das Wetter sollte uns auch noch weiter in Atem halten. Das geplante Käsefondue konnten wir zwar grad so knapp durchführen. Das Brot steckt ja schliesslich auf der Gabel und kann drum nicht durch die Luft fliegen…

Der nächste Tag hatte es dann aber so richtig in sich. Das Wetterapp hat zwar schon was von Wind und Gewitter erzählt. Ja klar in der Wüste, wer’s glaubt. Ähm ja… Wer nicht hören will… Wir fahren stundenlang querbeet durch eine topfebene Wüstenlandschaft. Rundherum wird es immer schwärzer und plötzlich fängt es an zu regnen. Erst haben wir uns nicht gross was dabei gedacht. Eher im Gegenteil, wäscht die staubige Luft vielleicht wieder etwas sauber. Nach dem sandigen Mittagessen wurde der Wind dann aber immer stärker und plötzlich hat man kaum mehr etwas gesehen.

Mitten im Sandsturm. Gut haben wir das Auto frisch aufpoliert. Und dann hat gleichzeitig wieder Regen einsetzt und in der Ferne waren Blitze zu sehen. Häh geht’s noch? Sandsturm bei Regen? Wenn Engel reisen…

Das Gute daran war, dass die Auto plötzlich sauber waren. Zumindest auf einer Seite. Wir haben schon darüber gewitzelt, ob wir nicht wieder ein Stück zurückfahren sollten, damit die Autos auf der anderen Seite auch sauber werden. Wenn wir gewusst hätten, was noch auf uns zukommt… Der Regen hat angehalten und wurde immer stärker. Plötzlich waren wir nicht mehr in der Wüste sondern auf einem gigantischen See. Martin war plötzlich sehr happy mit seinen MT-Reifen. Aber genützt hat es dann doch auch nicht so viel, aber das soll unter uns bleiben 😉. «What happens in the Sahara, stays in the Sahra» Jedenfalls glichen die nächsten zwei Stunden einem Höllenritt. Mit Vollgas durch den nassen bodenlosen Kies, bloss nicht Steckenbleiben.

Irgendwann waren wir alle ziemlich am Ende und als wir auf einer kleinen Anhöhe etwas trocknen Boden unter den Reifen hatten, haben wir das Camp gleich da aufzuschlagen.

Niemand hatte mehr Lust, noch weiter durch diesen Sumpf zu fahren. Schliesslich hatten wir ja eine Wüstentour gebucht. Trockener Boden hatten wir aber Windschutz war natürlich Fehlanzeige. Bin ich froh, haben wir unser Hartschalenzelt. Das versprach doch etwas Schlaf in der Nacht. Caro und Martin haben sich entschieden, sich irgendwie ins Auto zu legen und das Dachzelt geschlossen zu lassen. Unser Hoffnung, dass es über Nacht keinen Regen mehr gibt und dass dieser Sumpf bis morgen abtrocknet hat sich denn auch gröstenteils erfüllt.

So konnten wir die restlichen knapp 200 Kilometer bis zu unserem Ziel Boujdor unter die Räder nehmen. Wo wir zuerst mal eine Waschanlagen ansteuern…

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